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Hyperautomation in der Finanzindustrie

by Guest

Im schnellwachsenden Bereich der digitalen Automation gibt es verschiedenste Möglichkeiten, die eigene Geschäftsstrategie zu gestalten: von Robotics Process Automation (RPA) über Machine Learning bis hin zum Einsatz von Chatbots. Die End-to-End-Automatisierung einzelner Prozesse durch eine Kombination verschiedener Technologien hat das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Gartner als Hyperautomation und Top-Technologie-Trend für 2020 bezeichnet. 

Wolfgang Herbst von der Migros Bank und Fabian Brunner von BOYDAK Automation beleuchten Hyperautomation aus Sicht der Finanzindustrie.

Warum ist Automation ein Thema bei euch?

Wolfgang Herbst (WH): Spannende Fragestellung! Kurz gesagt, weil sie Nutzen stiftet. Durch die Automation von applikationsgestützten manuellen Prozessschritten erhöhen wir nicht nur die operationelle Exzellenz einzelner Fachabteilungen, sondern auch die Zufriedenheit unserer Mitarbeitenden. Wir entlasten sie von trivialen repetitiven Tätigkeiten und schaffen damit Freiräume für höherwertige Tätigkeiten, was wiederum in die Steigerung der Kundenzufriedenheit investiert werden kann. Durch Automation wächst die Unternehmung Migros Bank als Ganzes.

Fabian Brunner (FB): In der Schweiz sehen wir viele Unternehmen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, dass ihre sehr gut ausgebildeten Mitarbeitenden sich wieder vermehrt wertschaffenden Tätigkeiten widmen können. Zum Beispiel im Bereich der Innovation, der Motivation und Führung von Teams oder im Kundenbeziehungsmanagement. Schweizer Unternehmen stehen schon seit jeher in einem starken Kostenwettbewerb, da überrascht der Trend zur Automatisierung nicht. Der Ansatz «Automate to Innovate» unterstützt Schweizer Unternehmen dabei, sich zu differenzieren und gleichzeitig neue Talente zu fördern, um auch weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben.

Was für konkrete Anwendungsfälle für RPA gibt es?

WH: Unserer Erfahrung nach finden sich mannigfaltige Anwendungsfälle entlang der gesamten Prozesslandkarte der Migros Bank. Unseren bisherigen Erkenntnissen zufolge finden sich Prozesse mit hohem Potenzial (Hot-Spots) vornehmlich in den Kerngeschäftsfunktionen, wobei hier zu bemerken wäre, dass wir bis anhin den Fokus auf die Verbesserung der operationellen Effizienz gelegt haben. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass sich auch Beiträge zu Nachhaltigkeit mittels RPA erreichen lassen. Wir haben zum Beispiel einen Roboter (Corason) realisiert, der dafür sorgt, dass im Schnitt 11’000 Seiten Papier pro Monat nicht mehr gedruckt werden müssen.

FB: Überall dort, wo repetitive regelbasierte Tätigkeiten ausgeführt werden, kann RPA den Mitarbeitenden helfen, diese «langweiligen» Aufgaben loszuwerden und sich anspruchsvolleren Tätigkeiten zu widmen. Typischerweise haben die meisten Unternehmen in den Back-Office Abteilungen mit dem Einsatz von RPA begonnen. Im Bankenumfeld sehen wir aber auch immer mehr den Trend, die Front-Desk-Mitarbeitenden zu entlasten, um das Kundenerlebnis zu verbessern. Der Einsatz von virtuellen Assistenten in der Kombination mit Chatbots bietet hier zum Beispiel spannende Möglichkeiten.

Wie startet man ein solches Vorhaben?

WH: In meinem Fall mit einer grossen Bestellung bei Amazon (lacht)

Ich denke, mittlerweile findet man sehr gute Artikel und Bücher zum Thema Aufbau eines Competence Center Robotics und es würde aus meiner Warte den Rahmen dieses Interviews sprengen, einen vollständigen Überblick der relevanten Aspekte hier wiederzugeben. Ich denke, im Kern geht es darum, Menschen, Prozesse und Technologie in Einklang zu bringen. Das wird erreicht, indem man bewährte Methoden aus dem agilen Software Engineering mit dem «Lean Start-Up»-Ansatz kombiniert, einen guten Partner an seiner Seite hat und viel Herzblut investiert.

FB: Das Konzept von «Start Smart – Think Big – Scale Fast» hat sich in den letzten Jahren bewährt. Mit RPA kann man innerhalb weniger Wochen erste Resultate aufweisen. Es ist aber auch eine klare weiterführende Strategie notwendig, um mittels einer hohen Automationsreife einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Wenn man die «Start Smart»-Phase gut meistert, weckt das Begeisterung innerhalb des Unternehmens. Im Anschluss kann das ganze Potenzial, welches Automation birgt, abgerufen und eingesetzt werden.

Wie kommt das Thema bei den Mitarbeitenden an?

WH: Wir haben durchwegs positives Feedback von unseren Kunden erhalten. Unsere ersten drei Kunden waren sogar bereit, sich für ein kreatives internes RPA-Marketing-Video vor die Kamera zu wagen. Wir haben auch früh begonnen, unsere Kunden zu bitten, den Robotern kreative Namen und Avatare zu geben. Diese haben wir dann auf dem Dashboard (nebst Charts zu Business KPIs und Technical Health) zum Leben zu erweckt, indem sie in Sprechblasen von ihren Aktivitäten berichten. Unsere Kunden sprechen oft derart liebevoll von ihren kleinen digitalen Kollegen, dass man meinen könnte, durch ihre Adern fliesse Blut statt Bits und Bytes.

FB: Das von Wolfgang beschriebene Vorgehen ist ein super Beispiel, wie die Mitarbeitenden mit eingebunden werden können. Weiter braucht es aber auch von Anfang an eine klare Kommunikations-Strategie. Die Mitarbeitenden sollen aktiv informiert werden, wie ein Roboter oder ein digitaler Assistent ihnen selbst und den Kunden im Tagesgeschäft einen Mehrwert bieten kann. Allfällige Ängste und Blockaden bei den Angestellten werden so abgeholt und schnell durch Motivation ersetzt. Viele unserer Kunden bieten ihren Mitarbeitenden an, sich an der Realisierung der Automatisierung aktiv zu beteiligen, um sich so auch persönlich weiterzuentwickeln. Dies ermöglicht den Mitarbeitenden auch innerhalb des Unternehmens neue Karrieremöglichkeiten.

Worauf müssen Führungskräfte achten?

WH: Die Angst vor menschenähnlichen Maschinenwesen (Roboter nennen wir sie erst seit Josef Čapeks Drama Rossum’s Universal Robots) reicht meines Wissens bis in die griechische Mythologie zurück und ich denke, dass sie dank Hollywood bis heute nicht verschwunden ist. Führungskräfte sollten dieser Angst begegnen und das Thema Digitalisierung in all seinen Facetten offen beleuchten.

FB: Gute Führungskräfte haben das «big picture» vor Augen und erklären ihren Teams, wie Automation das Unternehmen weiterbringt und wie damit die strategischen Ziele erreicht werden. Wichtig ist es dabei, abteilungsübergreifend zu denken, damit das volle Potenzial ausgeschöpft werden kann.

Was bringt die Zukunft?

WH: Ich denke, mit RPA hat die Reise gerade erst begonnen. Folgt man den rasanten Technologie-Innovationen namhafter RPA-Hersteller, dann betreten wir nun auch das Terrain von semi- und unstrukturierter Daten, sprich, wir erweitern den regelbasierten Lösungsraum um Künstliche Intelligenz, schliessen mit Process Mining die Lücke zwischen Process Science und Data Science und nennen das Ganze Hyperautomation. Wenn das nicht Schwung gibt, um Gartners sogenanntes «Tal der Tränen» zu überwinden!

FB: Dank dem Einsatz von intelligenter Automation können in Zukunft immer komplexere Aufgaben automatisiert werden, und das «end-to-end». Chatbots ermöglichen schon jetzt eine vollständig automatisierte Kundenbetreuung vom Erstkontakt bis zur Lösungsfindung, indem bei Anfragen mittels RPA-Bots auf ein Kernsystem zugegriffen und die so ermittelte relevante Information dem Kunden zurückgespielt wird.

Service-Center-Mitarbeitende sind so von Routineaufgaben befreit und der Kunde kann gleichzeitig rund um die Uhr betreut werden.

Die Migros Bank AG gehört zu den fünf grössten Hypothekarbanken der Schweiz und pflegt heute rund 800‘000 Kundenbeziehungen in der Schweiz. Somit zählt die Migros Bank AG zu den führenden Banken in der Schweiz.

BOYDAK Automation ist ein führender Partner bei der Umsetzung von KI und Robotics. Das Unternehmen arbeitet eng mit seinen Kunden und Software-Anbietern zusammen, um pragmatische und skalierbare Lösungen für die Restrukturierung und intelligente Automation von Business- Prozessen zu liefern.

Weitere Informationen finden Sie auf boydak.ch

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